The Times They Are a-Changin’ – Kommentar von Martin Pfeil  

The Times They Are A-Changin
Kaum jemand hat meinen Gerechtigkeitssinn so geprägt wie er.
Als Zwölf- oder Dreizehnjähriger hörte ich zum ersten Mal sein Blowin in the Wind, und damit begann ich, bedingungslos gegen jede Form von Gewalt, gegen jeden Krieg, gegen Rüstungsunternehmen zu sein, die diese Kriege erst ermöglichen. Das habe ich von ihm.
„Masters of war“:
Ihr, die ihr euch hinter Schreibtischen versteckt.
Ihr spielt mit meiner Welt,
als wäre sie euer kleines Spielzeug
Ihr spannt all die Abzüge für die anderen, um zu feuern.
Dann lehnt ihr euch zurück und schaut zu, während die Zahl der Toten steigt. Ihr versteckt euch in euren Villen, während das Blut junger Menschen aus ihren Körpern fließt.
Es gibt eine Sache, die ich weiß: Auch Jesus würde niemals vergeben was ihr tut. All das Geld, das ihr gemacht habt kann niemals eure Seele zurück kaufen.
Mit dem Song Hurricane für den Boxer Rubin Carter, der im Gefängnis saß, weil er ein Schwarzer war, wegen eines Mordes, den er nicht begangen hatte, wuchs in mir die Wut auf ein Land, in dem Schwarze immer noch weniger zählen als Weiße.
„Hurricane“:
Wenn du Schwarz bist, gehst du besser gar nicht vor die Tür,
außer du riskierst die Hölle dafür.
Um 4 Uhr morgens fangen sie Rubin ein,
fahren ihn ins Krankenhaus und bringen ihn nach oben.
Der schwer verletzte Mann blickt sterbend auf und sagt:
" Warum bringt ihr den? Der war es nicht!"
Ja, das ist die Geschichte von Hurricane.
Für etwas, was er nicht getan hatte steckten sie ihn ins Gefängnis.
Aber einmal hätte er Box-Weltmeister werden können.
Ich musste zuseh´n, wie er reingelegt wurde, offensichtlich.
Ich konnte ihm nicht helfen. Doch ich schäme mich,
in einem Land zu leben, wo Gerechtigkeit ein Glücksspiel ist.
Mit "Hollis Brown", wuchs meine Wut auf die, die alles haben, weil sie andere ausbeuten, und dann nichts von ihrem Reichtum abgeben wollen. Diese Wut habe ich von ihm.
Ich las seine Songtexte wieder und wieder, verstand sie manchmal nicht oder erst allmählich. Doch, dass etwas Geniales dahinter steckte, das fühlte ich.
Die Diskussion, ob er Verrat beging, als er die akustischen Gitarre gegen eine E-Gitarre tauschte, war mir zu blöde. Dass Berater sein Geld zumindest zeitweise auch in Rüstungsaktien anlegten fand ich Scheiße. Musikalisch blieb ich ihm treu bis heute. Auf dem Zeppelinfeld bei „Knocking on Heavens Door“ mit Eric Clapton zusammen liefen mir und tausend anderen die Tränen über das Gesicht. Und ich lauschte im Zirkus Krone wie hypnotisiert seiner Interpretation von The times we are a changin, bei der viele erst am Ende der Nummer kapierten um welchen Song es sich handelt und die Kritiker sich empörten.
Der Literaturnobelpreis für ihn ist auch die Anerkennung einer Kunstform, die so lange von so vielen nur milde belächelt wurde, als naive Träumerei, mit Protestsongs und Worten, die nichts verändern würden.
Und egal ob die Entscheidung stärker dem politischen Dylan als dem Musiker und Lyriker zugeordnet wird, ein bisschen stolz bin auch ich.

Thank you Bob

Neu-Ulm 12. April 2018

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